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im NTD ein Faktor jeder menschlichen Praxis, eine → Praktik neben dem → Wahrnehmen und → Handeln. Es ist ohne eine Praxis nicht zu haben und steht immer in Interaktion mit den anderen Praktiken.
Das Denken im Sinne des NTD ist nur im Ensemble der Trias der Praktiken zu haben - und diese Trias emergiert nur in der Triade der Praxis.
Eine andere triadische Modellierung hat Augustinus (De Trinitate) vorgeschlagen: "Und so entsteht eine Dreiheit aus Erinnerung, innerer Schau und dem Willen, der beide eint. Weil diese drei sich zu einem zusammenfügen, so nennt man dieses Zusammenfügen Denken." (Buch XI, 2.5 ) Faktisch bedeutet dies, das zeitlich verschiedenes im Denken zusammengebracht wird. Denken ist immer hier und jetzt. Die Aussagen mögen in Zukunft oder Vergangenheit reichen. Ähnlich Augustinus auch in seinen Bekenntnissen(X 11.18)
"Weil aber die Sehkraft des Geistes (Einsicht) nicht zugleich alles, was die Erinnerung festhält, mit einem einzigen Blick schauen kann, wechseln die Dreiheiten der Denkweisen ab, indem die einem kommen, die anderen gehen...", also die drei Faktoren unterschiedlich prämiert und damit genutzt werden. Das Programm der Prämierung wird von Augustinus konsequent genutzt, um triadische Modelle zu erklären.
Der Anteil der Praktiken - und hier: des Denkens - an der Praxis kann variieren und damit unterscheiden sich auch die Enge und Bedeutung der Beziehungen zwischen den Praktiken. Die prämierte Praktik kann die anderen Praktiken für eine beliebige konkrete Praxis nahezu bedeutungslos werden lassen. Die Interaktion mit den anderen Praktiken wird bis auf verschwindende Reste gekappt. Die prämierte Praktik isoliert sich. Das Neue Triadische Denken ist i.d.S. eine prämierte Praktik in triadischer Praxis.
Die Fähigkeit zu dieser Herauslösung ist bei den drei Praktiken unterschiedlich stark. Es gibt Asymmetrien in ihrer Bindungsfähigkeit. Am besten gelingt sie dem Denken und hier den Unterarten Glauben, Phantasieren und Vorstellen. Am unvollständigsten gelingt es dem Handeln und hier wird es in der Praxis auch meist negativ als 'blindes' bzw. als 'gedankenloses' Handeln bewertet. Die Wahrnehmung liegt zwischen diesen Polen. Sie kann sich aus Handlungen, vor allem beim wissenschaftlichen Beobachten, weitgehend lösen, bleibt aber in enger Beziehung zum Denken. (Es macht für das NTD keinen Sinn, Nerventätigkeiten als Handeln zu qualifizieren.)
Jedes Denken baut zwar auf Wahrnehmungen und Handeln auf - und bereitet diese auch vor - aber manche Unterarten kommen zeitweise ohne äußeres Wahrnehmen und Handeln aus. Innere Wahrnehmung, z.B. von Körperreaktionen sind möglich, aber nicht obligatorisch.
Eben deshalb kann man singen: 'Die Gedanken sind frei' und in der Rechtsprechung zwar die Tat, das Handeln, bestrafen, idealiter aber nicht das Denken - oder dieses doch nur in unmittelbaren Bezug auf das Handeln.
'1. Beleget den Fuß
Mit Banden und mit Ketten
Daß von Verdruß
Er sich kann nicht retten,
So wirken die Sinnen,
Die dennoch durchdringen.
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei.
Die Gedanken sind frei
Wer kann sie erraten?
Sie fliehen vorbei
Wie nächtliche Schatten;
Kein Mensch kann sie wissen,
Kein Kerker verschließen
Wer weiß, was es sei?
Die Gedanken sind frei.Wird gleich dem Gesicht
Das Sehen versaget,
So werd ich doch nicht
Von Sorgen geplaget.
Ich kann ja gedenken,
Was soll ich mich kränken?
Es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei.Ja fesselt man mich
Im finsteren Kerker,
So sind doch das nur
Vergebliche Werke.
Denn meine Gedanken
Zerreißen die Schranken
Und Mauern entzwei:
Die Gedanken sind frei.'
(Wolfgang Steinitz: Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten. Band 2. Akademie-Verlag, Berlin (DDR) 1962, S. 163 f.; nach der Fassung von Achim von Arnim, u 1800)
Die Herauslösung des Denkens aus dem Zusammenhang mit Handeln und Wahrnehmen ist zeitlich sehr begrenzt möglich, aber nicht die Regel und sie wird, wie auch im Liedtext, eher als ein Zwang ('Kerker') empfunden. Sobald die Gedanken ausgesprochen/geschrieben werden, setzt das Handeln ein und können die Informationen in der sozialen Praxis weiterverarbeitet werden. Auch die triadische Modellbildung bezeichnet nur eine Prämierung des Denkens vor der Wahrnehmung und dem Handeln. Sie beschränkt sich nicht auf das Denken.
Die Besonderheit des Denkens hat Folgen für das triadische Verständnis der Welt und die Räume der Praktiken. Sie ermöglicht erst die Annahme des Faktors → Vorstellungswelt in der elementaren Komponententriade der Welt - und seine Abgrenzung von der durch Wahrnehmung und Handeln beeinflußten Welt, dem Kosmos.