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Die Praxis in der triadischen Weltanschauung
Die triadische Praxis (TriPrax) wird im Neuen Triadischen Denken (NTD®) als das Verhältnis der Menschen in ihren vielfältigen Erscheinungsformen zur mannigfaltigen Welt verstanden. Jede Weltanschauung hat es mit den Menschen, der Welt und ihren Verhältnissen zueinander tun.
- Konstitutiv für das Neue Triadische Denken ist die Annahme einer mannigfaltigen Welt, die aus den Elementen Raum, Dinge und Zeit (RaDiZe) komponiert ist. → Die Emergenz der Welt in der Praxis
Konstitutiv ist ein mannigfaltiges Menschenbild. Der Mensch emergiert sowohl als individuelles Wesen, als auch soziales Wesens, als auch ein biogenetisches Gattungswesen.→ Die Emergenz der Menschen in der Praxis
Das NTD stellt die Beziehung zwischen den Menschen und der Welt im Gegensatz zu vielen anderen Epistemologien durch die Praxis her. Die Triadische Praxis ist die Grundeinheit des Neuen Triadischen Denkens. Alle Teile, die bei ihrer - notwendigen - Zerlegung entstehen, sind nur in Bezug auf das Ganze dieser Praxis beschreib- und verstehbar. Unterschreiten wir diese Untersuchungseinheit, emergiert weder eine triadische Praxis noch ein (neues) triadisches Denken.
- Die triadische Praxis ist eine Praxis, die im wesentlichen durch die Modelle, Programme und Grundannahmen des NTD gesteuert und geregelt wird. Sie ist eine Anwendung des NTD und zugleich dessen Test.
Sowenig man das NTD aus der Praxis lösen kann, sowenig wird die TriPrax ohne die Axiomatik des NTD (www.triadisches-denken.de) lebendig.
Die Modelle über die Triadische Praxis sind das Ergebnis des Neuen Triadischen Denkens® - und das NTD® ist ein Ergebnis triadischer Praxis (TriPrax).
Die Praxis als Prozeß
- Die Praxis der Menschen ist - in allen Existenzformen - permanent. Deshalb wandeln sie sich beständig. Sie ist für die Menschen nicht nur permanent, unausweichlich, sie ist auch diskontinuierlich. Deshalb kann, wird und muß sie vom Individuum sequenziert werden.
→ Die Dynamiken der Praxis
- Wiederkehrende Sequenzen werden modelliert/typisiert und erhalten eine sprachliche Bezeichnung. Alle diese Artmodelle von Praxissequenzen sind Idealtypen. Es gibt Erfolgsbedingungen: Eine konkrete Praxis gelingt, wenn sie ihre Zwecke erreicht. Es ist deshalb unfruchtbar, von einer Praxis zu reden, wenn die Beteiligten - oder auch Außenstehende - keine Zwecke/Ziele definieren oder/und erkennen können.
In diesem Punkt gibt es eine große Übereinstimmung mit dem Credo des amerikanischen Pragmatismus, i.S. von Wiliam James und John Dewey. Nicht nur die permanente Praxis der Menschen, auch die ausdifferenzierten konkreten Praxissequenzen lassen sich in Phasen unterteilen. Das Neue Triadische Denken® (NTD®) schlägt vor, grundsätzlich drei Phasen in der zweckrationalen individuellen und der sozialen Praxis anzunehmen und zu gestalten. Es ist schwer, hierfür allgemeine Bezeichnungen zu finden, weil die Arten und schon die Klassen unterschiedlich sind. Vorphase, Hauptphase und Abschlußphase sind wohl die allgemeinsten Bestimmungen.
Werden in einer Praxis nicht die Linearprozesse sondern - wie in der kulturellen, ökologisch-synergetischen Praxis - Kreisläufe prämiert, erfolgt die Generalgliederung der Praxis nach anderen Kriterien! Phasenmodelle setzen Linearprozesse voraus!Auf der allgemeinsten Ebene können drei für die Phasen spezifische Hauptprogramme auseinandergehalten werden:
• Programme der Konstitution und des Aufbaus der Praxisstrukturen, Settingklärung und -einrichtung, Ressourcen-/Datenbeschaffung, Zielbestimmung
• Programme der Funktionserfüllung, Ablaufgestaltung und der Kontrolle der Prozesse, Struktur- und Systemerhalt, Korrektur von Abweichungen
• Programme der Auflösung der Praxis und der Gestaltung der Umweltbeziehungen. Aufbereitung und Verbreitung der Ergebnisse, Transferprogramme (Marketing, Distribution, Kommunikation), Vorbereiten der Anwendung der Ergebnisse der Funktionsphase in anderen Praxen, Ökocheck, Nachhaltigkeit sichern.
Die Generaldimensionen der Praxis
Aus triadischer Sicht hat jede Praxis auf der Stufe größter Abstraktion
- eine dynamische Dimension - als einer Sequenz der permanenten menschlichen und sozialen Praxis. → Dynamiken der Praxis
- Sie hat 2. eine Architektur → Die Architektur der Praxis
- gibt es Grenzen und Umweltbeziehungen, die zu gestalten sind. → Die Emergenz der Praxis als System
Diese Dimensionen lassen sich als Faktoren einer kompositionellen Triade verstehen.
- gibt es Grenzen und Umweltbeziehungen, die zu gestalten sind. → Die Emergenz der Praxis als System
Die Generaldimensionen der Praxis sind: Prozeßgestaltung, Architekturgestaltung und Grenzgestaltung.
- Das NTD transformiert die Mannigfaltigkeit der Phänomene in die typische dreifaltige (triadische) Komplexität. Es gilt die Triade der abstrakten Komplexität: Quantität, Komposition, Qualität.
- Jede Praxis bewältigt Komplexität. Dabei wirken drei Generalprogramme zusammen: Steigern, Vermindern und Halten von Komplexität. Jede Komplexitätsbewältigung geht selektiv vor, sie prämiert und diskriminiert immer und unausweichlich. → Komplexität und ihre Bewältigung durch die Praktiken
Klassen der Praxis
- Es gibt viele Typen von Praxis. Sie lassen sich klassifizieren. Das NTD hat allgemeine Annahmen über Klassen triadischer Praxis axiomatisiert. Obligatorisch ist die Unterscheidung zwischen individueller menschlicher, sozialer und kultureller Praxis. Jede Klasse läßt sich weiter in Arten und ggfs. Gattungen differenzieren.
→ Die Emergenz der Praxis In der individuellen Praxis transformiert der einzelne Mensch als Subjekt materielle Dinge: Er produziert, verteilt und konsumiert zielgerichtet Güter. Die Objekte der Transformation können auch andere Menschen, z.B. Klienten oder Patienten, sein. Jedes Individuum vollzieht die Aktivitäten selbst, einzeln und für sich. Es stellt die Beziehung zu den Objekten durch seine drei Praktiken: Wahrnehmen, Denken und Handeln (WaDeHa) her. Die Welt erscheint als Umwelt der Praxis, die die Menschen mithilfe ihrer Praktiken erkunden, in Teilen in die Praxis einbeziehen und gestalten.
→ Die Emergenz der Praktiker und ihre PraktikenDie soziale Praxis entsteht aus dem Zusammenwirken kommunikativer, interaktiver und kooperativer Aktivitäten. Permanentes Problem ist für die Dyaden, Teams, Gruppen oder Organisationen, Gesellschaften und andere sozialen Kollektive die Parallelverarbeitung, die Synchronisierung der Aktivitäten der Praktiker. Nur gemeinsam und unter Nutzung gemeinsamer Programme gelingt die soziale Praxis. Auch die Praktiker werden sozialisiert, erscheinen als Idealtypen, treten in typisierten Rollen auf.
Die Komplexität der Dinge, Prozesse und Räume der Welt muß in jeder Praxis durch die Praktiker bewältigt werden. Dies geschieht in der individuellen Praxis durch die drei Praktiken Wahrnehmen, Denken und Handeln. Die Menschen werden zu Praktikern, indem sie mit ihren drei Praktiken in die Beziehung zu den Objekten der Praxis und ihrer Umwelt treten. In den anderen Klassen der Praxis emergieren die Praktiker und die Praktiken in anderen, aber äquivalenten Formen: Soziale und kulturelle Akteure gewinnen Informationen mit ihren Sensoren, verarbeiten sie mithilfe von Prozessoren und setzen sie mit Effektoren in Aktivitäten um. Das Aufnehmen, Verarbeiten und Anwenden von Informationen ist ein Faktor jeder Praxis.
Für die typisch triadische Komplexitätsbewältigung im Denken gilt die programmatische Universalien 'Verstehe das zu schaffende oder zu erklärende Objekt als Produkt der Wechselwirkung zwischen drei Faktoren(Elemente, Dimensionen, Prozesse …! Dies ist ein obligatorisches Programm jeglicher epistemischer triadischer Praxis. Für die Wahrnehmung gilt die Maximen: ' Nimm mehrere Perspektiven auf die Phänomene ein und reduziere sie auf drei, für die anstehende Praxis wesentliche!' Beim Handeln sind grundsätzlich drei Arten von Prozessen auseinanderzuhalten und in der Praxis in eine Rangordnung zu bringen: lineare, parallele und zirkuläre Prozesse.
Neben diesen beiden Klassen stehen die Menschen immer auch in einer dritten Form der Praxis. Diese dritte Klasse überschreitet, die Grenzen traditioneller Disziplinen. Hier geht es um die Wechselwirkung, die Synergien, und zirkulären Beziehungen zwischen artverschiedenen Faktoren, vor allem um das Verhältnis zwischen Menschen als Gattungswesen und anderen informativen oder materiellen Dingen (Natur und Technik). Diese Gebilde werden heute meist als Ökosysteme bezeichnet. Treten Menschen als Faktoren in diesen Systemen auf, spricht das NTD von kultureller Praxis und kulturellen Systemen. Für das NTD von Interesse sind Kulturen, in denen die Menschen als Katalysatoren auftreten. Sie sind dann das Äquivalent zu den individuellen und sozialen 'Praktikern'. (Andere Disziplinen nehmen technische oder Faktoren, die von den Naturwissenschaften beschrieben werden, als Einstig in die zirkulären Verkettungen in Ökosystemen.) Die Unterscheidung zwischen Subjekten und Objekten macht hier keinen Sinn. Alle Faktoren der Praxis wirken und werden selbst transformiert. Die Ressourcen sind begrenzt. Input und Output halten sich die Waage (Fließgleichgewicht).
Es gibt bislang keine wissenschaftliche Disziplin, die das Mit- und Gegeneinander dieser drei Dimensionen der Praxis modellieren kann.
Es ist nicht nur so, daß die Menschen immer in zahlreichen gleichartigen Praxen eingebunden sind, sie funktionieren auch, schon weil sie auf unterschiedlichen Ebenen emergieren, in ganz unterschiedlichen, in artverschiedenen Praxen. Deshalb kommt der Triadiker nicht um eine Typologie der Praxen und ihrer relevanten Faktoren umhin. Das Hauptkriterium der Einteilung der Klassen der Praxis ist die Emergenz der Menschen.Ganz gleich, welche Klasse der Praxis von den Praktikern (bzw. den Beobachtern der Praxis) in den Vordergrund gestellt wird, immer laufen die anderen Klassen mit: Auch jede Pharmaindustrie, die eine soziale, kooperative materielle Produktion prämiert, kommuniziert und transformiert Energien. Und immer halten Individuen, in welchem Maße auch immer, die Praxis am laufen. Letztlich läßt sich jede menschliche Praxis als ein Produkt des Zusammenwirkens aller drei Klassen verstehen. Aber immer stehen die Modelle, Programme und Werte einer der genannten Klassen im Vordergrund. Das kann so weit gehen, daß eine andere gar nicht mehr handlungsleitend ist und unbemerkt bleibt.
Klar, die Klassen der Praxis hängen zusammen, aber es ist förderlich, sie zu trennen - schon um ihre Verschränkung gestalten zu können. Erst dann kann man phasenweise auch zwischen Prämierungen der einzelnen Klassen wechseln.
Jeder, der von der Praxis redet, hat ein mehr oder - meist - weniger klares paradigmatisches Klassenmodell der Praxis im Hintergrund. Üblich ist, daß eine Klasse positiver bewertet wird als eine andere. 'Ganzheitliche' Mediziner versuchen, die Patienten nicht als ihre Objekte und Dinge sondern weit mehr als kommunikative Partner und damit als Subjekte zu sehen. Am Ende schadet es, wenn darüber - in jeder Phase der Praxis - der physische Organismus vernachlässigt wird. Das Umgekehrte gilt ebenso!
Praxeologische Anthropologie
- Den drei Klassen der Praxis entspricht das triadische Menschenbild: Er tritt als einzigartige, individuelle Person, als soziale Größe und als biogenetisches Gattungswesen auf. Wenn es gut läuft, entstehen Persönlichkeiten als emergentes Produkt des Zusammenwirkens dieser Faktoren. Jede Praxis und jede Persönlichkeitstheorie prämieren die Faktoren unterschiedlich.
Im Projekt steht die individuelle menschliche Praxis im Vordergrund und hier jene, in der die Verarbeitung von Informationen eine größere Bedeutung einnimmt als die Transformation von energetischen oder materiellen Dingen. Die Bevorzugung dieser epistemischen Praxis ist kaum vermeidlich, wenn es um die Beschreibung der TriPrax geht.
Der Wandel der Theorie
Die triadische Praxeologie ist nicht aus dem Nichts entstanden. Sie beruht, theoretisch wie praktisch, auf klassischen Disziplinen, vor allem auf soziologischen Theorien über Interaktion, Organisation und Gesellschaft, auf soziologischen Handlungstheorien, den Unterscheidungen in der Wissenssoziologie u.s.f. Sie beruht auf psychologischen Modellen über den Menschen und ihre Interaktionen. Sie beruht auf den Systemtheorien der Technik, der Ökologie und der Kommunikationswissenschaft und manches weiteres.
Im augenblicklichen Stadium ist der Übergang des Neuen Triadischen Denkens zum praxeologischen Paradigma nicht abgeschlossen. Es gibt viele Modelle und Axiome, die mit den traditionellen Disziplinen nicht mehr viel zu tun haben, die quer zu ihnen liegen. Es gibt aber noch viele Bezeichnungen/Begriffe, die im alten Paradigma entstanden sind und dort eine Bedeutung haben, die jetzt aber nur noch teilweise zutrifft. Das betrifft z.B. den Begriff des 'Sozialen', der 'Systeme', der 'Kultur' und 'Ökologie' u.v.a.m.. Es ist wie in einer Stadt, in der alte und neue Gebäude nebeneinanderbestehen (wie es Wittgenstein im Bezug auf die Sprachen mal formulierte; Phil. Untersuchungen I,18), und wo das Stadtbild nicht allein durch die neuen Stadtplaner/die Triadiker bestimmt wird.
Es gibt also Inkonsistenzen in der Darstellung, auch Widersprüche. Sie sollten sich auflösen lassen, aber dazu bedarf es der Mithülfe. Wandel ist immer eine Balancen zwischen radikalen Erneuern, also hier dem Verwerfen von disziplinären Axiomen, der Reform von bestehenden Modellen und dem Bewahren guter Ansätze. Und er ist ewig.