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Die Bildung von Triaden als emergentem Produkt von Modellieren, Typisieren und Klassifizieren (MoTyKla)
Zwar läßt sich das Neue Triadische Denken® nicht auf die Bildung von Triaden reduzieren, aber ohne Modelle über die Praxis und ihre Objekte und Subjekte geht es nicht. Es gilt die Regel:
Ohne triadische Modelle und das Vermögen, sie zu bilden und anzuwenden, kein triadisches Denken.
Im Gegensatz zu den Natur- und Ingenieurwissenschaften beschränken sich die 'Produkte' der Geistes- und Sozialwissenschaften im Kern auf symbolische Modelle. 'Wirkung' erlangen sie in dem Maße, in dem sie als Programme für Menschen und Gemeinschaften handlungsleitend und orientierungsrelevant werden. Die hier vorgelegten Modelle, Verfahren und empirischen Untersuchungsergebnisse sollen dem Einzelnen und der Gesellschaft eine alternative Sichtweise auf sich selbst und auf zentrale kulturelle Phänomene eröffnen.
'Triadenbildung' und 'Modellbildung' sind Gegenbegriffe zu 'Triaden- bzw. Modellanwendung', und meinen die Bildung neuer Triaden im Gegensatz zur Anwendung gespeicherte, also vorhandener Triaden.
Jede Triadenbildung setzt andererseits (Meta)Modelle und mehrere Axiome voraus und wendet sie an, weshalb die Unterscheidung zwischen 'Bilden' und 'Anwenden', wie so oft im NTD, eine Prämierung ausdrückt. Modellbildung erfolgt in einer epistemischen (auf Erkenntnis der Objekte ausgerichteten) oder epistemologischen (auf die Programme des Erkenntnisgewinns ausgerichteten) Praxis, deren primäre Funktion die Modellbildung ist. Eine Modellanwendung erfolgt in jeder Praxis - auch der nichttriadischen.
Sowohl beim Modellieren als auch bei der Typenbildung ist zwischen solchen Programmen zu unterscheiden, die in einer Praxis ablaufen, um dort ad hoc bestimmte Funktionen zu erfüllen und solchen in einer epistemischen Praxis erfolgen, um Modelle und ggfs. Programme für andere Praxissysteme zur Verfügung zu stellen.
Die obligatorischen Programme der Bildung von Triaden
Konstitutiv für das NTD ist, die Bildung von Triaden als emergentes Produkt des Zusammen-, Neben- und Gegeneinanderwirkens dreier Programme bzw. Prozesse zu gestalten und zu verstehen. Obligatorisch sind:
• Programme der Modellbildung: Modellieren,
• Programme der Modelltypenbildung: Typisieren,
• Programme der Ordnung des Denkraumes: Klassifizieren und Klassifikationen
Es gilt die Triade der Modellbildung: Modellieren, Typisieren, Klassifizieren.
Das NTD unterscheidet also zwischen der Bildung von Triaden als Modellbildung und dem Modellieren als einem Faktor in diesem Prozeß. Wenn man die Teilprozesse vom Gesamtprozeß der Modellbildung unterscheiden will, spricht der Triadiker auch von Konstruktion statt von Bildung.
Abb.: Die drei Programme der Triadenbildung und ihre Ziele (Triade)
Programme der Triadenbildung
Modellieren, Typisieren und Klassifizieren haben unterschiedliche Produktionsziele bzw. -ergebnisse, die in der Abbildung zusammengefaßt sind.
Konstitutive Triaden sind das emergente Produkt aus einer Modellbildung, die auf dem Metamodel der Architektur von Basistriaden, einer wertebasierten Typisieren (Idealtypenbildung) und der Einordnung des Modells in einen axiomatisierten Denkraum (Klassifikation) beruht.
Modellieren
Das Modellieren basiert auf Daten und dem Metamodell der Architektur von Basistriaden und führt zunächst zu den sogenannten ad hoc Modellen. Diese haben den Status von Prototypen und eine beschränkte Anwendungsbreite. Sie sind einzelfallbezogen und in dieser Form noch nicht konstitutiv für Praxisbereiche.
Es ist nicht mit der Beschreibung der Modelle getan. Sie müssen auch zueinander in Beziehung gesetzt und in die Denkräume eingeordnet werden. Dies geschieht durch die Programme des Typisierens und Klassifizierens.
Abb.: Die Haupttypen von Triaden
Haupttypen von Triaden
Das NTD faßt das Modellieren als Produkt der Prozesse des Kodierens, des Aggregierens und des Abstrahierens von Daten auf. Alle drei Prozesse lassen sich wieder triadisch verstehen. Es entsteht die Triadentrias® des Modellierens.
Modellieren, Triadentrias
Typenbildung
Triaden sind Artmodelle, insofern sie als Elemente in Beziehung zu anderen Modellen gesetzt werden. Es gibt mannigfaltige Logiken der Typenbildung je nach den angelegten Vergleichskriterien. Die Vergleichsparameter haben auch die Funktion von Bewertungsmaßstäben. Dies wird bei den sogenannten Idealtypen, die Erfolg für bestimmte Praxisbereiche anstreben, besonders deutlich: Die Konstruktion von triadischen Idealtypen erfolgt durch das Bewerten von Modellen mit dem Ziel bestmöglicher Funktionalität für bestimmte Praxisbereiche. Angestrebt werden Perfektionsmodelle: Idealtypen. Alle idealtypischen Triaden sind für irgendeinen Bereich von konstitutiver Geltung, insofern ein Spezialfall der konstitutiven Triaden.
Typenbildung können weiter stattfinden nach den Kriterien
• der tektonischen Komplexität der Modelle
Es gibt
- Basistriaden und
- Triadentrias.
Beide können mehr oder weniger vollständig ausgebaut sein. Bspw. sparen wir uns bei den Basistriaden oft die 3. Ebene der Cluster, und in den Triadentrias ist es ebenfalls nicht immer erforderlich, alle Faktorentrias gleichmäßig genau zu ermitteln.
• der zeitlichen, kulturräumlichen und sozialen Verbreitung von Triaden. Die weiteste Geltung haben die sogenannten elementaren Triaden.
• der Räume der Praxis, vor allem: Denk-, Handlungs- und Wahrnehmungsraum
• dem Grad der Generalisierung und damit auch des Geltungsbereichs: fakultative, konstitutive, obligatorische Triaden des NTD.
Üblich ist weiter die Unterscheidung nach den (ontologischen) Parametern der Welt. So kennt das NTD dynamische (Zeit) und architektonische (Raum) Triaden. Die Emergenzformen der Dinge können durch ontologische Triaden oder Typologien der Dinge, was auf das Gleiche hinausläuft, erfaßt werden.
Der Triadiker kann eine Typologie der Praxis(modelle) erstellen, indem er die Dinge, die transformiert werden, zum Klassifikationskriterium macht: materielle Produktion, Informationsproduktion und Energieerzeugung. Klar, daß diese Typologie "nur" Prämierungen beschreibt: In jeder Praxis stehen alle drei Informationstypen in Interaktion. Aber sie sind am Produkt unterschiedlich beteiligt.
Programme der Typenbildung
Zur Typenbildung werden spezielle Programme eingesetzt:
• Variieren von Komponenten einer Triade.
Obligatorisch für das NTD ist das Programm der Gewichtung der Faktoren der Trias einer vorhandenen Basistriade.
Je nachdem lassen sich Subtypen bilden. Varianten sind dann das Ergebnis von unterschiedlichen Prämierungen der Faktoren einer Basistriade.
Typenbildung durch Variation der Gewichtung der Faktoren der Basistriade
• Grundsätzlich ist es möglich, vorhandene Modelle entweder zu differenzieren/zu Präzisieren oder das NTD kann versuchen, mehrere vorhandene Modelle unter einen Oberbegriff zu subsummieren. Präzisieren und Generalisieren sind zwei weitere wichtige Typologische Programme des NTD.
• Subtypenbildung durch eine Präzisierung der Strukturelemente von vorhandenen Triaden, z. B. der Subjekte von Praxis und Praxissystemen: menschliche, soziale, kulturelle Praxis
• (Ober/Meta-) Typenbildung durch ein Generalisieen der Strukturelemente von vorhandenen Triaden von Objekten und Interaktionssysteme (Oberbegriffe, Metamodelle).
Die Bildung von Varianten durch das Modifizieren vorhandener Modelltypen ist ein weiteres Programm:
• Modelltypenbildung durch Variation und ggfs. durch Substitution der Faktoren von vorhandenen triadischen Modelles (deduktiv)
• Typenbildung durch Klassifizieren, das Einordnung von Modellen in Klassifikationsschemata / Bestimmen der Rangordnung (deduktiv): Art- und Klassenmodelle
Es ist kaum zu vermeiden, schlimmstenfalls zu leugnen, daß alle typisierten Modelle/Triaden immer schon zu den gespeicherten Modellen im menschlichen Bewußtsein, in Kultur und sozialen Gemeinschaften in Beziehung stehen.
Klassifizieren
Mit dem Klassifizieren und der Konstruktion von Klassifikationsschemata tritt die Beschäftigung mit Modellen über Objekte in den Hintergrund und stattdessen wenden wir uns dem Raum, in dem sie sich verorten, zu. Das führt zu den Koordinaten des triadischen Denkraumes.
Es gilt die Regel: Ohne Annahmen über die Ordnung des Denkraumes in Form von Klassifikationen keine konstitutiven Triaden!
Das Klassifizieren ist vom Modellieren und der (Ideal-)Typenbildung zu unterscheiden. Es folgt keiner Logik der Modelltypenbildung sondern legt Beziehung zwischen den Elementen des Denkraumes fest. Hierbei spielen axiomatische Grundannahmen, Wertvorstellungen die entscheidende Rolle. Aber auch sie beruhen auf jahrelanger Beobachtung und Datenerhebung und greifen also auf eine große Datenbasis zurück.
Es gilt die Regel: Die Modellierung, Typisierung und Klassifikation von Triaden wird durch dynamische Programme, strukturelle Modelle und Grundannahmen (Axiome) beschrieben.
Je nach den angestrebten Modelltypen differenzieren sich die Prozesse der Modellbildungen.
Die Interaktion zwischen den drei Hauptprogrammen der Modellbildung
Die Triadenbildung wird als triadischer Prozeß *gestaltet, für den dann auch die Prozeßtypentriade LiPaZi gilt. Es ist mit parallelen und zirkulären Beziehungen zwischen den drei Programmen zu rechnen: Die Erzeugung von Triaden kann sowohl als linearer Prozeß mit den Phasen Modellieren, Typisieren, Klassifizieren als auch als zirkulärer Prozeß und als Parallelprozeß mit unterschiedlichen Interaktionen zwischen den drei Prozessen beschrieben werden.
Die Modellbildung im NTD berücksichtigt, anders als die deduktiven und induktiven Paradigmen, auch den zirkulären Zusammenhang von Modellieren, Typisieren und Klassifizieren.
Die Abbildung gibt die Modellbildungstriade als Rückkopplungsprozeß wieder. Klassifikationen können das Modellieren von Daten, und schon deren Auswahl, beeinflussen und andererseits wird bei der Ordnung des Denkraumes immer wieder nach typischen Vertretern von Klassen gesucht.
~Bottom up und top down-Prozesse werden hintereinandergeschaltet und mehrfach durchlaufen.* ~
Je nach den Zielen der Praxis stehen mal die eine mal die andere Phase im Vordergrund. Und man kann davon ausgehen, daß im Modellbildungsprozeß alle drei Programme parallel wachgehalten werden. Bei jedem Umgang mit Daten beim Modellieren stehen Idealtypen und Parameter des Denkraumes mehr oder weniger latent im Hinterkopf. Jeder Vergleich von Typen koordiniert diese auch schon und schafft und benutzt Koordinaten des Raumes. Faktisch hat der Denkraum immer schon eine gewisse Ordnung, in die sich die Typen mehr oder weniger gut - manchmal allerdings auch überhaupt nicht - einfügen lassen. Für die konstitutiven Triaden und Idealtypen ist der Zwang zum Klassifizieren besonders stark.
Das NTD fordert dazu auf, diese Beziehungen zu reflektieren und zu gestalten. Das führt zu Klassifikationen, die es dann auch erlauben, Typen deduktiv aus diesen Schemata zu prognostizieren oder durch Variation von Artmodellen neue Typen zu bilden.
Abb.: Triadenbildung als triadischer Rückkopplungsprozeß
Durch die ausführliche Beschäftigung mit der Praxis der Modellbildung als emergentes Produkt dreier Programme bzw. Prozesse sollen gleichzeitig die Grundprinzipien des NTD im Umgang mit komplexen dynamischen Phänomenen verdeutlicht werden: Unterscheiden und Identifizieren dreier basaler Prozesse und Beschreiben und Gestalten ihres Zusammenwirkens!
Weitere Programme sind möglich. Immer setzt sie eine epistemische Praxis in Gang.
Es gibt zahlreiche Trias in der Literatur, die beanspruchen, die Modellbildung zu modellieren, z.B.:
Sammeln, Ordnen, Bewerten;
Auswählen, Strukturieren, Testen;
Daten erheben, Analysieren, Synthesen bilden;
Transformieren, Strukturieren, Speichern;
Beschreiben, Vergleichen, Evaluieren;
Operieren mit Symbolen: Hinzufügen, Wegnehmen, Vertauschen.
Meist gibt es Bedarf, genauer zu bestimmen, was das emergente Objekt des Zusammenwirkens dieser drei Faktoren ist. Oft liegen die Faktoren auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen.
Betsy Terrell, die dem NTD in ihren Intentionen am nächste kommt, nennt 'Describe/ Compare/ Evaluate', Beschreiben, Vergleichen und Bewerten als die womöglich wichtigste Triade ihres triadischen Denkens und erläutert: "EVALUATE. As used in this triad, EVALUATE means to state the value of whatever has been described and compared, either its value to yourself, or to someone else who is connected to the subject. It could even be the value to the world or to society at large. This is often the hardest point for people to do at first. As you attempt to make a statement of value, listen to see if you are reverting to description or comparison. Evaluation consists of a statement of what the value of something is, to you or to someone else." (Terrell, Betsy C.: Triads: A Tool For Thinking In A New Way. 2002. www.FloatingNeutrinos.com, S.33/4)